Dienstag, 23. November 2010

mich gibt's noch

Zu Hause ist es ruhig geworden. Jenny und Tabea sind auf ihrer Walz Woche, die mir noch bevor steht. Ich werde am 1. Dezember ablegen und...
mich in die Tiefen Italiens begeben, doch dazu später mehr.
Das Wetter ist seit 2 Wochen anhaltend grau und trübe. Das schlägt aufs Gemüt. Der ständige Regen treibt mich jeden Abend nach Feierabend nach Hause. Außerdem ist es jedes Mal schon stockfinster wenn ich das Atelier verlasse. Auf Arbeit läuft es wie gehabt. Die zwei portugiesischen Praktikanten haben sich in der Zwischenzeit nach was anderem umgesehen und verlassen uns nächste Woche. Da die beiden als Modedesignstudenten eher kreativ arbeiten wollen, kann ich verstehen, dass sie das Handtuch werfen. Am Montag lag eine TO-DO-Liste vom Chef auf dem Tisch der Meisterin. Er ist zu einem Fitting nach Rom gefahren mit den Sachen, die wir in der letzten Woche gemacht haben. Das Stück heißt „Il principe della gioventu“ und wird bald aufgeführt. Letzten Freitag haben wir dafür Überstunden geschoben. Die Festangestellten waren schon um acht da und gemeinsam haben wir eine Stunde länger gearbeitet. Auf der Liste steht auch mein Name aufgeführt. „Maxey“ könnte dies und jenes machen. Die Meisterin erklärt mir was dort steht, aber so ganz blick ich nicht durch. Ich glaube, es geht um ein Korsett. Ich bin gespannt. Mittlerweile verstehe ich einigermaßen was zwischendurch geredet wird. Leider auch das was Stiven von sich gibt. Über diesen Blödsinn kann man wirklich nur lachen, wenn es einen nicht gerade selber betrifft. In der Zwischenzeit hatte ich auch endlich Aqua Alta. Zweimal sogar. Hab mich gefreut wie ein kleines Kind. Vorletzte Woche habe ich früh auf dem Weg zur Arbeit die Sirene heulen hören. Gegen Mittag hatte es Höchststand. Es bleibt nicht lange, das Wasser. Ungefähr 3 Stunden, dann geht es wieder zurück. In dieser Mittagspause wollte ich in den Handyladen um mein Guthaben aufzuladen, aber wie ich vor die Tür trete, merke ich, dass ich gefangen bin. Ein Stück Bürgersteig ist noch begehbar, aber links und rechts schmiegen sich die zarten Wellen an die Häuserwände. Hm Mist – was mach ich denn jetzt? Serena, ein Kollegin wollte auch kurz in die Stadt. Komm Maxi, ich hab eine Idee. Sie nimmt mich mit in unseren riesigen Kostümfundus und kramt aus einer der unzähligen Kisten Gummistiefel für mich und sich heraus. Super – meine Arbeitsstelle. Quietschvergnügt wade ich durch das knöchelhohe Wasser vorbei an den Leuten, die auf trockenen Flecken oder den Brücken steckengeblieben sind. In aller Seelenruhe stehen sie da mit ihren Einkaufstüten und starren apathisch auf den kleinen Teich vor und hinter sich. Als würden sie das Wasser beschwören. Das andere Mal war letzten Freitag. Nichtsahnend steige ich am Piazzale Roma aus und sehe ich schon kurz hinter der Zugstation einen Passarella aufgebaut. Das sind dir typischen erhöhten Laufwege, die jederzeit bereitstehen zum aufbauen, wenn es wieder mal soweit ist. Allerdings gibt es die nur auf den Hauptwegen, den größeren Gassen. Obwohl sie nur einen Meter breit sind, kommen mir da oben Muttis mit Kinderwagen und die Lastenträger mit ihren Schubkarren entgegen. Die komplette Gasse ist geflutet und im Vorbeigehen sehe ich wie die Ladenbesitzer argwöhnisch über die Hochwassersperre äugen oder mit Wischmopp und Eimer die ersten Spuren versuchen zu beseitigen. Weiter hinten ist es wieder trocken. Beim Überqueren einer Brücke sehe ich entlang des Kanals keinen Bürgersteig mehr. Schon komisch wie die Leute in Gummistiefeln links und rechts neben den Häusern scheinbar auf dem Wasser wandeln. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass der Weg zur Arbeit begehbar ist, doch kurz vor meinem Ziel macht mir das venezianische Phänomen einen Strich durch die Rechnung. In der kleinen Gasse, wo mir sonst immer die Nonnen entgegen kommen, ist Schluss. Tja, nun steh ich auch hier und starre apathisch auf das Wasser. Verdammt, ich muss auf Arbeit. Bleibt mir wohl nichts anderes übrig als mir Gummistiefel zu besorgen. Auf dem Weg zum nächsten Geschäft kommt mir eine ältere Dame entgegen mit Plastikbeuteln um die Füße. Ob da im Calle l’aseo das Wasser steht, fragt sich mich. Ich nicke, da deutet sie auf ihre Füße, ob das so reichen würde mit den Tüten. Jaja, meine ich, so hoch steht es nicht. Sie bedankt sich und geht weiter ihrer Wege. Da fällt mir ein, dass ich ja auch mal 2 Tüten eingepackt habe, eben genau für diesen Fall. In der Sekunde des Geistesblitzes steht Stiven vor meiner Nase. Maxi, was machen wir denn jetzt, ich habe keine Gummistiefel? Naja, ich könnte ja mit meinen Plastiktüten ins Atelier laufen und von dort Gummistiefel besorgen. Gesagt, getan. Mit einem Paar für Stiven laufe ich zum Calle l’aseo zurück und hole ihn von dort aus ab. Am Sonntag habe ich mir dann endlich welche gekauft. Quietschepink sind sie und waren bitternötig. Nicht etwa wegen Hochwasser, sondern wegen dem anhaltendem Regen und den Pfützen. Mit Madlen und ihrer Kollegin Ines bin ich nämlich am Sonntag zur Chiesa Santa Maria Salute. Diese Kirche befindet sich am südlichsten Zipfel von Guidecca und liegt gegenüber vom Piazza San Marco. Sie wurde zur Ehren der heiligen Maria gebaut, die Schutzpatronin aller kranken Menschen, als in Venedig die Pest gewütet hat. An diesem Tag gehen alle Gläubigen in die Kirchen und beten für die Kranken und danken der Heiligen. Um die Menschenmassen besser koordinieren zu können hat man über den Canale Grande eine vierte provisorische Brücke gebaut. Es regnet in Strömen. Dadurch ist die Kirche nicht ganz so überfüllt. Kurz nachdem wir ankommen beginnt der Gottesdienst und es wird die Geschichte vom Wasser und Wein erzählt. Ines, die Kollegin von Madlen ist gläubig und übersetzt ein wenig. Nach dem Kirchenbesuch sind meine Füße so durchweicht, dass ich meine Chance endlich wahrnehme. Es ist zwar ein chinesischer Laden, aber das muss jetzt sein. Fünfzehn Euro ärmer stapfe ich nun beruhigt durch die Pfützen. Wenig später treffe ich mich noch mit Mohammad auf einen Spritz auf dem Campo Santa Margherita. Wir reden wie öfter über den Iran und Berlin. Auf einem Schmierzettel versuche ich zu erklären wie das mit der Mauer war. Obwohl er selber kein Muttersprachler ist, bringt es mir doch unheimlich viel. Mittlerweile macht er sogar den Witz, dass ich besser sprechen würde als er. Mit der italienischen Praktikantin ist es nach wie vor schwierig. Sie spricht permanent Englisch mit mir. Alles in allem jedoch verstehe ich, glaube ich, schon ganz gut. In Berlin such ich mir dann auf jeden Fall ein paar italienische Leute. Ich will diese Sprache auf keinen Fall verlernen, sie ist einfach zu schön. Also richtig schön. Allein schon die Wörter sehen geschrieben hübsch aus, finde ich. Hört sich doof an, ist aber so.
So, und nun ist mal wieder Zeit ins Bett zu gehen. Außerdem grüße ich noch alle die mich kennen und sorry für die Funkstille.
Bacio

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