Montag, 8. November 2010

4,95€

Und es regnet schon wieder. Man, ich dachte in Italien scheint immer die Sonne. Gegen Vormittag steht das Wasser vor dem Atelier schon...
wieder bis 5 cm unter der Bordsteinkante, aber weiter will’s einfach nicht. Die Kollegen scherzen „Irgendwas fehlt heute“. Ja, Stiven ist nicht da. Heute ändern wir lange, voluminöse Kleider aus changierendem Taft ab für ein neues Theaterstück. Machen Ärmel kürzer und Ausschnitte weiter. Gegen Ende frage ich meine Meisterin erneut wie es denn nun aussieht mit meinem Projekt. Ach, wie lange bist du noch mal da? Na bis Ende Dezember. Jaja, wir werden sehen. Das heißt für mich am Ball bleiben. In der Dunkelheit verlasse ich das Atelier um zum Vaporetto Stopp zu laufen. Schade, nach der Zeitumstellung ist es immer schon stockfinster zum Feierabend. Jetzt fände ich es schon schöner im Sommer hier zu sein. Dann wäre es Abends länger hell und man könnte noch irgendwo draußen sitzen oder sich Dinge ansehen. Aber naja, so bleiben mir auch einige Dinge erspart, wie unerträgliche Hitze, Touristenmassen und Mückenplagen. Die Vaporetto Stopps sind schwimmende, überdachte Inseln aus Metall die am Rande des Kanals im Wasser hin und her schaukeln. Heute treffe ich zum ersten Mal jemanden in Venedig, den ich kenne. Ali und Mohammads derzeitiger Mitbewohner warten dort auch um zum Bus zu kommen. Ali ist gerade auf dem Weg zur Abendschule in Mestre. Auf dem Weg zum Bus erzählt er mir, dass er morgen seinen Chef fragt, ob er zu Silvester frei bekommt. Dann stünde dem Besuch von Berlin nichts mehr im Weg. Mittlerweile find ich’s eigentlich ganz lustig wenn die zwei kämen. Außerdem haben sie uns so nett hier aufgenommen, sprechen mit uns Italienisch und zeigen uns die Stadt. Bei Tabea ist dann gerade ein WG Zimmer frei, so hätten sie auch eine Übernachtungsmöglichkeit.
Zu Hause recherchiere ich im Internet nach Organisationen in Deutschland, die sich mit Kinderarbeit befassen, vor allem im Textilbereich. Aus den Meldungen geht hervor, dass das Engagement immer größer wird. Eine Meldung dreht sich um die Befreiung von entführten Kindern, die in Feuerwerksfabriken arbeiten mussten. Eine andere erzählt von chinesischen Nähern, die neben ihren Nähmaschinen schlafen. Den einzigen Hinweis darauf, den wir bekommen ist das 4,95€ Preisschild am T-Shirt im Laden. Nur erkennen tun wir ihn leider nicht. Eine merkwürdige Welt ist das.

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